Beim "7th European Congress of Young Farmers" am 9. Dezember wurden die "European Young Farmers Awards 2021" verliehen. In der Kategorie "Bestes Digitales Projekt" konnten sich Lisa Rieder und Herbert Astl aus Mittersill mit "Farmlifes - Farmcode" durchsetzen. Im folgenden Interview geben uns die beiden Pinzgauer Junglandwirte einen Einblick in ihr innovatives Projekt.
Liebe Lisa, lieber Herbert! Herzlichen Glückwunsch zu eurer Auszeichnung und zu diesem tollen Projekt. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, dieses Projekt ins Leben zu rufen?
Wir sind beide auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und dadurch von klein auf mit den Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft steht, konfrontiert worden. Die Preise für unsere erzeugten landwirtschaftlichen Produkte sind dabei seit Jahren die gleichen geblieben, die Investitions- und Fixkosten jedoch jedes Jahr gestiegen. Landwirte können daher dieses Defizit oft nur durch das Produzieren von mehr Menge ausgleichen. Zugleich sind wir davon überzeugt, dass das größte Problem unserer heutigen Landwirtschaft ist, dass die KonsumentInnen oft keinen Bezug mehr zu ihren Lebensmitteln haben und nicht wissen, wie und wo diese hergestellt werden.
Wie und warum ist dann in weiterer Folge euer Projekt „Farmlifes“ entstanden?
Unser Ziel war es, die Kommunikation zwischen Urproduzenten und Konsumenten sowie die Kommunikation innerhalb der Landwirtschaft zu verbessern. Wir haben 2018 unser junges Unternehmen Farmlifes gegründet.
Wie ging es dann weiter?
Nachdem wir 2018 mit der Ideenfindung, der Ausarbeitung eines ersten Konzepts und der Programmierung der Web-Plattform begonnen haben, arbeiteten wir zugleich auch an einem Marketingkonzept. 2019 starteten wir mit der Entwicklung der Farmlifes App für iOS und Android. Ab Anfang 2020 begaben wir uns auf Ideenfindung zu einer Lösung für eine allgemeine, digitale Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln. Im April 2020 konnten wir die
Farmlifes App im Play- und App-Store veröffentlichen. Die Programmierung der digitalen Herkunftskennzeichnung (Farmcode) begann Anfang 2021, ehe wir im September mit ausgewählten Betrieben und Unternehmen in die Testphase starten konnten.
Was ist das besondere an Farmcode?
Wir haben damit ein smartes Tool geschaffen, das es allen landwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht, den Konsumenten mit nur einem Klick zu zeigen, wer die Lebensmittel erzeugt und wer hinter den Lebensmitteln steht.
Das heißt, Produzenten und Konsumenten können sich im Sozialen Netzwerk verbinden? Genau, es verbindet Social Media, E-Commerce und bereits bestehende Herkunftskennzeichen in einem einzigen System! Und dadurch kann eine bessere Kundenbindung aufgebaut werden. Wir haben das System so konzipiert, dass alle wichtigen Akteure in der Landwirtschaft einen Nutzen daraus ziehen können.
Herkunftskennzeichnung ist derzeit in aller Munde. Welche Vorteile bringt Farmlifes – Farmcode?
Die digitale Herkunftskennzeichnung hat viele besondere Vorteile. Sie ermöglicht KonsumentInnen, ganz einfach Produkte direkt beim Bauern zu kaufen oder im Onlineshop des Betriebes zu bestellen.
Die Lebensmittel-Importe können reduziert werden, unnötige Transportkilometer werden gespart, die Wertschöpfung bleibt direkt beim Produzenten in der Region. Aber auch die Tiertransporte ins Ausland werden durch Farmlifes vermindert.
Das heißt, Farmlifes bringt viele positive wirtschaftliche und soziale Änderungen in der Region?
Absolut. Das Bewusstsein für regionale Lebensmittel wird gestärkt, Konsumenten sehen, woher ihre Lebensmittel kommen. Dadurch werden kleinstrukturierte Familienbetriebe gefördert und gestärkt und zugleich werden Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten und geschaffen.
Wie funktioniert Farmcode in der Praxis?
Der Farmcode befindet sich wie ein Siegel auf den Etiketten. Scannt man den Farmcode mit dem Smartphone, dann sieht man als Konsument Informationen über das Produkt, welche Zutaten in diesem Lebensmittel enthalten sind und wer der Urproduzent dieses Produktes ist. Durch den Farmcode können Direktvermarkter und Verarbeiter sich im Sozialen Netzwerk mit KonsumentInnen austauschen, in Echtzeit einen virtuellen persönlichen Kontakt aufbauen und ihre Geschichten erzählen. Durch die integrierten Call-to-Action-Buttons können KonsumentInnen auch ganz einfach Produkte nachbestellen. Der Farmcode bietet den KonsumentInnen, mit nur einem Klick, Transparenz, Information und die Möglichkeit die Geschichten hinter den Lebensmitteln kennenzulernen. Die LandwirtInnen bekommen direktes Feedback von den KundInnen und erhalten dadurch wieder mehr Wertschätzung für ihre tägliche Arbeit.
Was sind eure weiteren Ziele?
Das System kann die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittel nutzen: Landwirte, Verarbeitungsbetriebe, die Gastronomie und auch der Online- sowie Einzelhandel. So wollen wir in Österreich 75.000 und in Europa 3.500.000 Betriebe und Unternehmen erreichen. Der Farmcode ist für KonsumentInnen kostenlos, für LandwirtInnen und für den B2B-Bereich bieten wir verschiedene Ab- Modelle zur Nutzung des Systems an. Unser Ziel ist es, das System in die gesamte Wertschöpfungskette einzugliedern. So wollen wir erreichen, dass alle Betriebe und Unternehmen in der Landwirtschaft näher zusammenrücken und gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir merken auch, dass das Bewusstsein, regionale Lebensmittel einzukaufen, immer größer wird. Darum ist es wichtiger denn je, dass wir eine einheitliche Lösung schaffen, die die gesamte Wertschöpfungskette verwenden kann.
Liebe Lisa, lieber Herbert! Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute weiterhin!